Mehr als 50 Geheimdienstanalysten, die für das Central Command des US Militärs arbeiten, haben sich formal beschwert, dass ihre Berichte über den IS und al-Kaidas Ableger in Syrien (al-Nusra) in unangemessener Weise durch Vorgesetzte verändert wurden, berichtet The Daily Beast. Damit wird einmal mehr offensichtlich, wie seitens der US-Politik systematisch Desinformation verbreitet werden.

Der Artikel “Exclusive: 50 Spies Say ISIS Intelligence Was Cooked” von Shane Harris und Nancy A. Youssef auf Daily Beast sorgt im englischsprachigen Web für Furore und fand sogar Widerhall auf Foreign Policy.

IS wurde systematisch verniedlicht

Es wird eine “Revolte” von Geheimdienstprofis genannt, die bezahlt werden, um ihre aufrichtige Einschätzung über den IS-Krieg zu geben, aber stattdessen sehen, wie ihre Berichte von Vorgesetzten systematisch in Heile-Welt verdreht werden.

Die Beschwerden bewogen den Generalinspektor des Pentagon eine Untersuchung über die mutmaßliche Manipulation von Geheimdienst­informationen zu eröffnen. Die Tatsache, dass sich so viele Leute beschwerten, deutet auf tief verwurzelte, systematische Probleme in der Art und Weise, wie die US Militärführung im Kampf gegen den selbsternannten Islamischen Staat Informationen auswertet.

Der Krebs war in der oberen Ebene der Geheimdienstleitung

sagte ein Beamter des Verteidigungsministeriums.

Zwei leitende Analysten des CENTCOM (Zentralkommando) unter­zeich­neten eine schriftliche Beschwerde an den Generalinspekteur des Verteidigungsministeriums vom Juli, mit dem Vorwurf, dass Berichte, von denen einige an Präsident Obama gingen, die Terrorgruppe als schwächer darstellten, als die Analysten sie einschätzten.

Die Berichte wurden – so der Vorwurf – in den Führungsetagen des CENTCOM geändert, um der öffentlichen Linie der Administration zu entsprechen, dass die USA den Kampf gegen den IS und al-Nusra (al-Kaidas Ableger in Syrien) gewinnen würden.

Diese Beschwerde wurde von 50 weiteren Analysten unterstützt, von denen sich einige bereits seit Monaten darüber beklagen, dass Berichte politisiert werden. All dies beruht auf den Aussagen von 11 Personen, die die Details des Berichts kennen und anonym mit The Daily Beast sprachen.

Oberste Leitung folgt politischer Agenda

Die Anschuldigungen legen nahe, dass eine große Zahl von Leuten, die das  Innenleben der Terrorgruppen studieren, denken, dass ihre Berichte manipuliert werden, um in ein öffentliches Narrativ zu passen. Die aktuellen Vorwürfe rufen Anschuldigungen in Erinnerung, politische Beamte und leitende Offizielle hätten Informationen über das angebliche Waffenprogramm des Irak 2002 und 2003 verfälscht.

Die beiden Unterzeichner der Beschwerde werden als jene beschrieben, die sie formell eingereicht haben. Dazu kommen weiteren Analysten, die bereit und in der Lage sind, die Substanz der Vorwürfe mit konkreten Beispielen zu belegen.

Einige dieser CENTCOM Analysten beschrieben das Ausmaß der Protestierenden als “Revolte” von Intelligenz-Profis, die dafür bezahlt werden, ihre ehrliche Einschätzung zu geben, basierend auf Fakten und nicht unter dem Einfluss nationaler Politik.

Die Analysten haben Führungskräfte der obersten Leitung, darunter den Direktor des Geheimdienstes und seinen Stellvertreter im CENTCOM, beschuldigt, ihre Analysen mit der öffentlichen Behauptung der Obama-Regierung, dass der Kampf gegen den ISIS und Al Kaida Fortschritte macht, in Einklang zu bringen. Die Analysten haben eine pessimistischere Sicht, wie die militärischen Anstrengungen vorangehen, die Gruppen zu zerstören.

Es herrschte ein „stalinistischer Umgangston“

Von einer solch großen Zahl von Analysten, die sich beim Pentagon Generalinspekteur beschwerten, hatte man bisher noch nicht gehört. Einige von ihnen unterstehen dem CENTCOM, dem Zentralkommando des US-Militärs für den Nahen Osten und Zentralasien, sind aber offiziell bei der Defense Intelligence Agency beschäftigt.

Die Kläger behaupten, dass in einigen Fällen Schlüsselelemente der Geheimdienstberichte entfernt wurden, was zu einem Dokument führte, das nicht die genaue Schlussfolgerungen der Analysten wiedergab – so die Quellen, die mit dem Protest vertraut sind. Aber die Beschwerde geht auch über die angebliche Verfälschung von Berichten hinaus und wirft einigen Führungspersonen bei CENTCOM die Schaffung einer unprofessionellen Arbeitsumgebung vor.

Eine Person, die den Inhalt der Beschwerde kennt, sagte, dass man das Wort “Stalinist” benutze, um den Umgangston der Vorgesetzten zu beschreiben, die die Arbeit der Analysten beaufsichtigen. Viele beschrieben ein Klima, in dem Analysten das Gefühl hatten, sie könnten keine ehrliche Einschätzung der Lage in Irak und Syrien geben. Einige meinten, dies sei eine Folge, weil Kommandeure ihren beruflichen Aufstieg absichern wollten, indem sie den Berichten den gewünschten politischen Spin gaben.

Kritiker wurden genötigt, in den Ruhestand zu gehen

Einige der von den Analysten angefertigten Berichte, die zu negativ in ihrer Einschätzung des Krieges waren, wurden zurück nach unten in der Befehlskette geschickt oder gar nicht erst nach oben weitergegeben, sagten mehrere Analysten. Wieder andere, die das Klima um sie herum spürten, zensierten sich selbst, damit ihre Berichte den Erwartungen entsprachen.

Wir können zwar nicht die speziellen Untersuchungen, die in dem Artikel zitiert werden, kommentieren, aber über den Prozess sprechen. Die Nachrichtendienste bieten routinemäßig eine breite Palette von subjektiven Einschätzungen zur aktuellen Sicherheitslage. Diese Produkte und die Analysen, die sie repräsentieren, sind von vitalem Interesse für unsere Bemühungen, vor allem die unglaublich komplexe Natur der an vielen Fronten stattfindenden Kämpfe im Irak und in Syrien zu verstehen

sagte Air Force Oberst Patrick Ryder, US CENTCOM-Sprecher.

Oberste zivile und militärische Führung berücksichtigen diese Einschätzungen bei der Planung und Entscheidungsfindung, zusammen mit Informationen aus verschiedenen anderen Quellen, den Erkenntnissen von Kommandeuren vor Ort und anderen wichtigen Beratern, Sammlungen von nachrichtendienstlichem Wert und bisherigen Erfahrungen.

Zwei der Beamten, mit denen The Daily Beast sprach, sagten, dass die Analysten im Oktober begannen ihren Unmut zu äußern, in der Hoffnung das Problem intern zu lösen und wendeten sich erst an den Generalinspekteur, als diese Bemühungen scheiterten. Einige von ihnen wurden genötigt, in den Ruhestand zu gehen, erzählte ein Beamter, der mit dem Bericht vertraut ist. Einige stimmten zu, zu gehen.

Falsche Geheimdienstberichte waren Grundlage für Irak-Krieg

In den letzten Monaten haben die Mitglieder der Obama-Regierung versucht, den Kampf gegen den ISIS in rosigen Farben zu zeichnen – obwohl die Terrorarmee große Städten wie Mossul und Falludscha eroberte.

ISIS ist dabei zu verlieren

sagte John Allen, der pensionierte Marine-General, der mit der Koordinierung der ISIS-Kampagne beauftragt war, im Juli.

Ich bin zuversichtlich, dass wir sie im Laufe der Zeit schlagen, dass wir ISIL zersetzen und zerstören werden

sagte Außenminister John Kerry im März.

Nein, ich denke nicht, dass wir verlieren

sagte Präsident Obama im Mai.

Doch eine wachsende Gruppe von Geheimdienstanalysten beharrte auf ihren Beschwerden. Einige von ihnen, die für mehr als eine Dekade für CENTCOM gedient haben, hatten bereits Narben aus dem Vorfeld des Krieges 2003 im Irak, als schlecht geschriebene Geheimdienstberichte darauf hindeuteten, der Irak hätte Massenvernichtungswaffen, obwohl dies nicht der Fall war, was aber die Grundlage für den Krieg der Bush-Administration bildete.

Sie waren frustriert, weil sie damals nicht das Richtige taten und nicht über ihre Zweifel am Waffenprogramm des Irak sprachen

sagte der Pentagon-Beamte zu The Daily Beast.

URSPRÜNGLICH ERSCHIENENPropagandaschau
QuelleThe Daily Beast
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Kommentare

2 Kommentare zu "Aufstand der Spione: ISIS-Geheimdienstberichte wurden politisch frisiert"


Gast
3 Tage 3 Stunden

Ach! Das sind die Bösen und alle haben sich wieder lieb?

Gast
 
Ich bin Christian, der Gründer und Geschäftsführer von StatusQuo NEWS. Ich wurde 1987 geboren und studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin. Zuletzt arbeitete ich im Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt. Ich befasse mich seit Anfang 2012 intensiv mit allen Facetten unseres Geldsystems und dessen Auswirkungen auf Medien, Politik und Gesellschaft.