Der Deutsche Bundestag ist über das Vorgehen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegenüber dem Parlament in Ankara empört. Erdogan will durchsetzen, dass die Immunität von mehr als hundert Abgeordneten aufgehoben wird, um leichter gegen Vertreter der Opposition vorgehen zu können.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warf dem türkischen Präsidenten in der „Süddeutschen Zeitung“ deshalb „autokratische Ambitionen“ vor. Er sagte, das aktuelle Vorgehen Erdogans setze „leider eine ganze Serie von Ereignissen fort, mit denen sich die Türkei immer weiter von unseren Ansprüchen an eine Demokratie entfernt“.

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“, mit der geplanten Immunitätsaufhebung „überschreitet Erdogan den Rubikon“. Spätestens jetzt dürfe die Europäische Union keine Visafreiheit für Türken mehr beschließen. Die Visa-Freiheit ist ein zentraler Bestandteil der Flüchtlingsvereinbarung zwischen der Türkei und der EU.

Lammert sagte, die Empörung über die neue Attacke Erdogans auf die parlamentarisch-demokratischen Strukturen in der Türkei müsse jedoch „mit dem Hinweis versehen werden, dass diese Attacke nur erfolgreich sein kann, wenn das Parlament sich auf dem Wege der Selbstentmachtung dazu bereitfindet“. Denn die dafür notwendige Mehrheit im türkischen Parlament komme „nur dann zustande, wenn nicht nur die Abgeordneten der regierenden AKP zustimmen, sondern auch eine Mindestzahl an Abgeordneten anderer Fraktionen“.

Deshalb sei „jetzt der Selbstbehauptungswille des türkischen Parlaments gefragt“. Lammert wies darauf hin, dass der Zweck des Immunitätsrechts „historisch gesehen gerade im Schutz der Parlamente und ihrer Abgeordneten vor willkürlichen Übergriffen durch Feudalherrscher“ bestehe. Die geplante Entscheidung würde „diesem Zweck diametral widersprechen und willkürliche Übergriffe erst ermöglichen“. Es liege „die Vermutung nahe, dass es Präsident Erdogan eigentlich nur um eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament geht“. Darauf müsse „ein Parlament ebenso allergisch wie kraftvoll reagieren - es darf sich einem solchen Ansinnen nicht beugen“.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Franz Josef Jung (CDU), verurteilte das Vorgehen Erdogans scharf. Der ehemalige Verteidigungsminister sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Was da im türkischen Parlament passiert, ist ein Unding.“ Offensichtlich werde „dort versucht, allein die kurdischen Abgeordneten zu treffen“. Das dürfe „nicht sein, immerhin geht es hier um ein Grundprinzip des demokratischen Parlamentarismus“. Die aktuellen Ereignisse in Ankara seien „ein weiterer Baustein dafür, dass die Türkei mindestens zur Zeit die europäischen Werte nicht einhält“.

Am Dienstagabend hatte das türkische Parlament in der ersten von zwei Abstimmungsrunden zwar für die Aufhebung der Immunität von mehr als einem Viertel seiner Abgeordneten gestimmt. Allerdings verfehlte die AKP die für die Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit von 367 Stimmen mit 348 Befürwortern klar.

Mustafa Yeneroðlu, AKP-Politiker und Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments, gab gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ zu, dass der „Hauptbeweggrund“ für die Gesetzesinitiative sei, die Abgeordneten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP wegen ihrer angeblichen Sympathie mit dem PKK-Terror strafrechtlich verfolgen zu können.

„Ein Großteil der HDP-Abgeordneten muss für sich die Frage klären, inwieweit sie sich von der PKK emanzipiert haben“, sagte Yeneroðlu.

Den Vorwurf, dass die Türkei mit ihrem Vorgehen das Verhältnis zur Europäischen Union weiter belaste, wies er zurück. Yeneroðlu warf stattdessen auch Deutschland vor, die Türkei im Anti-Terrorkampf nicht genügend zu unterstützen. Es reiche nicht aus, Anschläge hinterher zu verurteilen, aber „im eigenen Land nichts zu tun, um Freiräume der PKK einzuschränken“, sagte der AKP-Politiker. Er zeigte sich zuversichtlich, dass am Freitag in der zweiten Abstimmungsrunde die nötige Mehrheit für die Aufhebung der Immunität erreicht wird.

Text über:
dts Nachrichtenagentur
Foto:
Norbert Lammert, über dts Nachrichtenagentur
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Kommentare
Erdogan kurz vor der Machtübernahme. Und wir unterstützen diese Türkei finanziell und räumen dem Staat im Zuge des Merkel'schen Flüchtlingspakts die Visa-Freiheit ein. Geht's noch!?

Kommentare

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19. Mai 2016 13:47

Gute Werbung für die AfD, weiter so.

19. Mai 2016 13:50

Alle Beziehungen kappen, direkten grenzschutz zur Türkei, Einreise Verbot für alle Türken, einfrieren sämtlicher Devisen, alle straffällige Türken ohne wenn und aber zurück (auch 2-3 Generation)!!! Dann schaun ma mal wielange dieser wahnsinnige braucht um anzukriechen. Da er sich schon der diplomatischen Beziehung zu Russland entledigt hat, machen ma dasselbe mit der Eu. Passt, richtig reagieren und es bleibt ihm nichts ausser seinem ziegenstall

19. Mai 2016 13:56

Aber dafür müssten europäische Politiker Rückgrat beweisen was alle wirbellosen Amphibien in der Politik nicht können, woher auch wenn ihre eigenen schafchen im trockenen sind und sie so leicht sagen können: hinter mir die alles wurscht

19. Mai 2016 17:08

Das gibts nur im fremdgesteuerten Irrenhaus Deutschland !

19. Mai 2016 13:27

Erdogan ist und bleibt Erdogan. Das Problem ist doch der Umgang der Deutschen Politik und der EU-Politik mit diesem Despoten.

19. Mai 2016 13:58

Geht schon lange nicht mehr!

19. Mai 2016 16:02

Nöööö , geht nicht !!!

19. Mai 2016 16:58

Merkel macht nur für die Politik, die man nicht gewählt hat, aber die widerum meinen, etwas entscheiden zu können. Die Fiinanzelite.

19. Mai 2016 19:34

Der NATO nützliche Diktatoren wurden auch schon immer von Natoländern finanziert. Jetzt wird eben rumgeheult weils quasi in der Nachbarschaft passiert. Ok das mit der Umwandlung eines bereits in de NATO befindlichen Landes ist neu. Aber sonst Alles wie immer.

19. Mai 2016 20:09

Immerhin wagt es Lammert, Erdogan zu kritisieren. Der Kanzlerin kommt das sicher nicht gelegen. Noch deutlicher wurde neulich Sarah Wagenknecht. Michael Kiesen, Autor

20. Mai 2016 10:12
Landgericht Berlin Tegeler Weg 17 – 21 10589 Berlin 20.05.2016 28 O 448/15 In der Rechtsstreitsache Manfred Wehrhahn ./. Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Deutschen Bundestag, vertreten durch den Bundestagspräsidenten wird mitgeteilt, dass die Suche nach einem Rechtsanwalt in der Sache das Mandat zu erteilen, erfolglos war. Der Kläger betragt die Zuweisung eines Notanwaltes durch das Gericht. Zwar wird der Kläger diesbezüglich Kontakt mit der AfD aufnehmen, ob hier Hilfe gewährt werden kann, aber dies entbehrt der Zuweisung eines Rechtsanwaltes durch das Gericht nicht. Die angesprochenen Rechtsanwälte trugen vor, dass die Rechtsmittel in der Sache ausgeschöpft, Fristen verstrichen seien oder… Weiterlesen »
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